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Gaffer am Unfallort: Harte Strafen für Schaulustige

Gaffer handeln nicht nur unmoralisch, sondern sie behindern vor allem Rettungskräfte und gefährden den nachfolgenden Verkehr. Und dann gibt es Gaffer, die am Unfallort sogar filmen. Solche Szenen häufen sich auf deutschen Autobahnen. Der Bundesrat hat nun beschlossen, dass Gaffen zum Straftatbestand gemacht werden soll.

Welche Strafen drohen Gaffern und Schaulustigen?

Beim „Gaffen“ geht es Schaulustigen scheinbar darum, Schauerszenarien möglichst hautnah zu erleben und diese sogar zu filmen und ins Netz hochzuladen. Das tun Gaffer oft ohne Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und sie machen sich dabei in schlimmeren Fällen sogar strafbar.

Dennoch wird das „Gaffen“ nicht automatisch als Straftat betrachtet. So gibt es Gaffer-Vergehen, die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn Schaulustige beispielsweise auf dem Seitenstreifen fahren oder gar parken, um sich das „Spektakel“ anzusehen. Hier können zwischen 20 und 1.000 Euro fällig werden.

Empfindlicher und härter werden die Strafen aber, wenn man gafft anstatt zu helfen. Denn wer an einem Unfallort den Verletzten nicht zur Hilfe eilt, sondern seiner Schaulustigkeit frönt, begeht unterlassene Hilfeleistung und damit eine Straftat. Die wiederum kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Und wer Fotos oder Filme von bei einem Unfall von Verletzten anfertigt, verstößt gegen § 201a Absatz 2 StGB. Dort nämlich heißt es, dass man, wenn man „eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt“, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft wird. Zudem begeht man eine Urheberrechtsverletzung, wenn entsprechende Bilder beispielsweise in soziale Netzwerke gestellt werden.

Verstoß Sanktion
„Gaffen“ als Ordnungswidrigkeit Bußgeld von 20 bis 1000 Euro
Behinderung der Rettungskräfte durch Befahren des Seitenstreifens auf der Autobahn Bußgeld von 20 Euro
Behinderung der Rettungskräfte durch Parken auf dem Seitenstreifen der Autobahn Bußgeld von 25 Euro
Unterlassene Hilfeleistung Straftat! Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe
Fotos oder Filme von einem Unfall machen Straftat! Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe

Welche Strafen gibt es für Fotos oder Filme von einem Unfall?

Wenn dreiste Gaffer langsam an der Unfallstelle vorbeifahren oder gar aussteigen um zu filmen, verletzen Sie mit den Videos, die dann zum Beispiel auf YouTube hochgeladen werden, den höchstpersönlichen Lebensbereich des Unfallopfers.

Gemäß § 201a StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft, wer „eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt“.

HINWEIS:

Strafrelevant ist das Fotografieren und Filmen von der Unfallstelle tatsächlich nur, wenn auf den Bildern Unfallopfer zu sehen sind. Für die Strafverfolgung muss von den Unfallopfern bzw. Angehörigen eine Strafanzeige erstattet werden.

Eine bloße Übersichtaufnahme einer Unfallstelle ist persönlichkeitsrechtlich nicht relevant, da es sich um ein „relatives Ereignis der Zeitgeschichte“ handelt. Solche Bilder werden zum Beispiel tagtäglich in den Medien gezeigt.

Wussten Sie schon…?

Droht Gaffern Gefängnis, wenn sie Retter behindern?

Da Einsatzkräfte gesetzlich geschützt sind, kann man sich je nach Grad der Behinderung tatsächlich strafbar machen. Folglich können auch Freiheitsstrafen von einem oder auch bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Das ist vor allem dann möglich, wenn Gaffer die Helfer und Retter aktiv an ihrer Rettungsaktion behindern, also vor allem durch Androhung oder Ausübung von Gewalt. Das nämlich entspricht dem Tatbestand der Körperverletzung, auch dann übrigens, wenn die Körperverletzung nicht „erfolgreich“ war.

Experten sagen, dass die aktive Behinderung von Einsatzkräften verglichen werden kann mit dem Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Denn auch dann, wenn man der Polizei und anderen Rettern und Helfern die Arbeit erschwert, indem man sie behindert, leistet man praktisch Widerstand gegen deren gesetzlichen Auftrag.

Welche Strafe droht für die Behinderung von Rettungskräften?

Es kommt leider immer wieder vor, dass Einsatzkräfte bei Ihrer Arbeit von Verkehrsteilnehmern oder Passanten behindert werden Die Helfer werden gestört, angepöbelt oder sogar mit Gewalt von ihrer Arbeit abgehalten.

Feuerwehr, Polizei oder medizinische Rettungsdienste stehen unter besonderem gesetzlichen Schutz. Die aktive Behinderung (Blockade, körperliche Gewalt, etc.) von Rettungskräften ist eine Straftat. In schweren Fällen drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis.

Der Tatbestand ist vergleichbar mit dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter gelten nach § 114 Abs. 3 StGB als Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen.

Bei Gewalt gegen Einsatzkräfte ist auch schon der Versuch strafbar.

Welche Strafen gibt es für unterlassene Hilfeleistung?

Wer Zeuge eines Unfalls wird, muss Erste Hilfe leisten. Nicht umsonst ist jeder Führerscheinanwärter zur Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs verpflichtet.

Unterlassene Hilfeleistung ist ein Straftat, die nach § 323c StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe nach sich zieht.

Wer am Unfallort zuerst das Handy zückt, um Fotos zu machen, anstatt Hilfe zu leisten bzw. Hilfe zu holen, macht sich also strafbar. Das gilt natürlich auch für Menschen, die einfach nur gaffen, anstatt zu helfen.

Die Hilfspflicht besteht jedoch nur, wenn dabei das eigene Leben nicht gefährdet wird. Dann heißt es, schnell den Notdienst alarmieren. Wenn bereits jemand vor Ort ist und hilft, müssen Sie nicht anhalten. Sicherheitshalber sollten Sie sich jedoch vergewissern, ob die Situation unter Kontrolle ist.

Sind auch Gaffer vom Verstoß gegen das Katastrophenschutzgesetz betroffen?

Katastrophenschutzgesetze regeln die Abläufe bei Katastrophen, um die Auswirkungen möglichst gering zu halten. Darunter fallen zum Beispiel auch Brände oder Verkehrsunfälle. Die Gesetze betreffen die Bevölkerung, die hilfeleistenden Organe und die Behörden. Die Katastrophenschutzgesetze werden auf Landesebene exekutiert.

Bei Verstoß gegen die Gesetze drohen zum Teil sehr hohe Bußgelder von mehreren Tausend Euro. Auch Gaffer könnten hiervon betroffen sein.

Im Hessischen Katastrophenschutzgesetz, § 51 heißt es zum Beispiel

„Alle am Einsatzort anwesenden Personen haben in Fällen des Brandschutzes, der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes Anordnungen der Einsatzleitung im […] oder der von ihr beauftragten Person über die Räumung, Absperrung oder Sicherung des Einsatzortes unverzüglich zu befolgen.

Wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 51 nicht nachkommt oder ihre Durchführung behindert, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 15.000 Euro geahndet werden.

Zusammenfassung – das Wichtigste in Kürze

  1. Gaffern handeln sowohl unmoralisch wie auch unverantwortlich. Umso verständlicher, dass die Gesetzgeber härtere Strafen gegen Schaulustige an Unfallorten fordern.
  2. Wer gafft, begeht  in jedem Fall eine Ordnungswidrigkeit. Die wird je nach vorhandener Behinderung von Einsatzkräften, mit Bußgeldern in Höhe von 20 bis sogar 1.000 Euro geahndet.
  3. Wer jedoch gafft und Verletzten nicht hilft und/oder diese fotografiert bzw. filmt, verletzt das Urheberrecht und begeht zudem eine Straftat (unterlassene Hilfeleistung). Für diese muss er mit einer Geld- oder auch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen.
  4. Das aktive Behindern von Einsatzkräften wird sogar mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft.
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