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Winterreifenpflicht in Deutschland: Wann, für welche Fahrzeuge & Ausnahmen?

Seit 2010 gilt in Deutschland die situative Winterreifenpflicht. Bei winterlichen Straßenverhältnissen dürfen Reifen nur noch mit dem Alpine Symbol gefahren werden. Bei Verstoß gegen die Winterreifenpflicht drohen hohe Bußgelder und ein Punkt in Flensburg. Welche Fahrzeuge sind betroffen? Welche Reifen sind erlaubt? Welche Strafen drohen? Alle wichtigen Infos zur Winterreifenpflicht finden Sie hier.

Wann gilt die Winterreifenpflicht?

Die Winterreifenpflicht gilt situativ – also das ganze Jahr. Gibt es etwa im Juni winterliche Straßenverhältnisse, muss mit Winterreifen gefahren werden. Die Regel „Winterreifen von Oktober bis Ostern“ ist angesichts des Klimawandels ohnehin veraltet.

Für welche Fahrzeugtypen gilt die Winterreifenpflicht?

Die Belastung der Reifen und auch das Sicherheitsrisiko ist nicht bei allen Fahrzeugtypen gleich. Für wen gilt die situative Winterreifenpflicht also?

 

PKW

Die Winterreifenpflicht gilt für alle PKW, die bei winterlichen Straßenverhältnissen unterwegs sind.

 

LKW

Sommerreifen wie beim Pkw gibt es beim Lkw nicht. Lkw-Reifen haben aufgrund der höheren Belastung einen hohen Naturkautschuk-Anteil. Die Gummimischung ist mit der eines Pkw-Winterreifens vergleichbar. Lkw-Reifen haben sogenannte Traktionsreifen mit speziellen Stollenprofil und M+S Kennzeichnung. Diese Reifen sind für den Ganzjahreseinsatz geeignet.

Für die Antriebsachse sind jedoch Winterreifen mit Alpine-Symbol vorgeschrieben.

Aufgrund der großen Unterschiede im Traktionsverhalten bei beladenen und leeren Lkw bringen Winterreifen auf allen Achsen keinen Vorteil.

Der Gesetzgeber möchte jedoch die Winterreifenpflicht für Lkw verschärfen. Der Bundesrat hat einer entsprechenden Anpassung der Regelung in § 2 Abs. 3a StVO bereits zugestimmt. Nun muss die Bundesregierung die Änderung nur noch bestätigen. Ab 2024 sollen dann auch Alpine-Reifen für die Lkw-Lenkachsen verpflichtend sein.

Geländewagen

Mit Geländewagen sind hier echte Off-Roader, keine SUVs gemeint. Geländewagen mit Allrad-Antrieb, wie Sie beispielsweise Förster oder Bewohner alpiner Regionen fahren, haben besonders grobstollige Reifen montiert. Doch weder der Allrad-Antrieb noch die profilstarken Pneus sind bei Schnee ausreichend.

Auch für Geländewagen gilt die Winterreifenpflicht. Die Hersteller haben mittlerweile spezielle SUV-Winterreifen im Sortiment mit den gleichen Dimensionen wie die Sommerreifen.

Mietwagen

Auch Mietwagen dürfen bei winterlichen Straßenverhältnissen nur mit Alpine-Reifen (Symbol auf den Reifen) gefahren werden.

Dass Mietwagen in der kalten Jahreszeit mit Winterpneus bereift sind, ist jedoch kein Standard. Bei vielen Anbietern müssen Winterreifen kostenpflichtig hinzugebucht werden.

Es ist paradox: Wenn Sie einen Wagen ohne Winterreifen gemietet haben, müssen Sie diesen annehmen, können ihn aber bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht fahren. Umgekehrt können Sie einen Wagen, den Sie mit Winterreifen gebucht haben, der aber ohne bereitgestellt wird, ablehnen.

Seit der Neuregelung 2018 stehen jedoch auch Autovermieter in der Pflicht: Als Fahrzeughalter müssen sie ebenfalls die Winterreifenpflicht einhalten und dürfen Fahrten ohne erforderliche Winterbereifung nicht zulassen.

 

Anhänger

Anhänger müssen nicht mit Winterreifen ausgerüstet werden. Empfehlenswert ist es aber dennoch. Mit Winterreifen lassen sich Anhänger definitiv besser steuern.

Bei Reisen nach Österreich lesen Sie hier, wie es sich mit der Winterreifenpflicht in Österreich verhält.

Wussten Sie schon…?

Welche Reifen gelten als Winterreifen?

Als wintertauglich im Sinne des Gesetzgebers gelten nur Reifen mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke). Diese Reifen erfüllen die einheitlichen Prüfkriterien hinsichtlich Haftung auf nassen/glatten Oberflächen (siehe Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa, UNECE)

Reifen mit M + S Kennzeichnung erfüllen nicht die Winterreifenpflicht. Es gibt jedoch eine Übergangsregelung: M + S Reifen, die bis 31.12.2017 hergestellt worden sind, dürfen noch bis 30. September 2024 als Winterreifen verwendet werden. Das Herstellungsdatum ist auf die Reifen geprägt ( DOT Nummer ).

In § 36 Absatz 4 ist definiert, was Winterreifen sind (Profil, Gummimischung, Alpine-Symbol)

Reifen für winterliche Wetterverhältnisse sind Luftreifen […], durch deren Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem die Fahreigenschaften bei Schnee gegenüber normalen Reifen hinsichtlich ihrer Eigenschaft beim Anfahren, bei der Stabilisierung der Fahrzeugbewegung und beim Abbremsen des Fahrzeugs verbessert werden, und die mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nach der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes (ABl. L 218 vom 12.8.2016, S. 1) – gekennzeichnet sind.

Wer haftet bei Verstoß gegen die Winterreifenpflicht?

Verantwortlich für die Einhaltung der Winterreifenpflicht sind Fahrzeugführer und Fahrzeughalter.

Wenn der Fahrzeughalter die Fahrt anordnet oder auch nur zulässt, kann er ebenfalls einen Bußgeldbescheid und einen Punkt in Flensburg kassieren. Bei Nachweis von Fahrlässigkeit kann es zu erheblichen Leistungskürzungen der Kaskoversicherung kommen.

Auch in der Haftpflichtversicherung hat die Benutzung von Sommerreifen auf Schnee erhebliche Auswirkungen. Als Geschädigter kann man eine Teilschuld erhalten.

Welche Strafen drohen bei Verstoß gegen die Winterreifenpflicht?

Wer trotz winterlicher Straßenverhältnisse ohne Winterreifen fährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bestraft wird. Wie hoch fallen die Strafen aus?

Verstoß Bußgeld Punkte Fahrverbot
Fahren mit Sommerreifen 60 € 1 Punkt nein
  • mit Behinderung
80 € 1 Punkt nein
  • mit Gefährdung
100 € 1 Punkt nein
  • mit Unfall
120 € 1 Punkt nein
keine Mindestprofiltiefe 60 € 1 Punkt nein

Das Winterreifengesetz nach § 2 Abs. 3a StVO

In § 2 Abs. 3a StVO steht geschrieben, dass Winterbereifung nach § 36 Absatz 4 bei winterlichen Straßenverhältnissen Pflicht ist.

Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen.

Welche Ausnahmen von der Winterreifenpflicht gibt es?

Für folgende Fahrzeuge gilt die Winterreifenpflicht nicht:

  • Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
  • einspurige Kraftfahrzeuge
  • Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)
  • motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 FZV
  • Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 StVO genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen
  • Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind

Es gelten jedoch folgende Einschränkungen zu ihrer Nutzung:

  • Vor jeder Fahrt muss geprüft werden, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist.
  • Während der Fahrt ist ein Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser in km/h angezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten.
  • Es darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.

Gilt bei einer Reifenpanne die Winterreifenpflicht?

Eine Reifenpanne ist eine Notlage. Das Ersatzrad mit Sommerprofil kann auch im Winter verwendet werden. Bedingung ist allerdings, dass die Fahrt direkt in die nächste Werkstatt oder nach Hause geht, um dort den Winterreifen aufzuziehen.

Weitere Fragen & Antworten

Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt sowohl bei Sommerreifen als auch Winterreifen 1,6 mm. Nach Angaben des ADAC sind bei Winterreifen jedoch mindestens 4 mm Profiltiefe für guten Grip erforderlich.

Neue Winterreifen für PKW haben eine Profiltiefe zwischen 7 mm und 9 mm. Mit einer Euro-Münze finden Sie schnell heraus, ob Ihr Winterreifen noch genügend Profil hat.

Reifenprofil-Test: So funktioniert der Test mit der Euro-Münze.

Seit DOT 0118 (Herstellungsdatum des Reifens) gelten M+S Reifen nicht mehr als Winterreifen. Nur Reifen mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm und Schneeflocke) entsprechen der Winterreifenpflicht.

Seit 2017 sind Motorräder von der Winterreifenpflicht ausgenommen.

Das Winterreifengesetz gilt für den öffentlichen Straßenverkehr in Deutschland. Somit gilt die Vorschrift auch für Kraftfahrzeuge mit ausländischer Zulassung.

Parkende Fahrzeuge sind nicht von der Winterreifenpflicht betroffen.

Auch für den Versicherungsschutz kommt es darauf an, dass die Rechtslage klar und eindeutig ist. An jedes Fahrzeug gehören die richtigen Reifen und in Deutschland gilt nun die „Winterreifenpflicht“. Das Risiko bei falscher Bereifung ist auch einfach zu hoch.

Ohne Winterreifen wird es unter Umständen schmerzhaft teuer. Denn jedes Auto muss wintertauglich ausgerüstet sein und im Zweifel, vor allem mit falscher Bereifung, können Versicherungen sich weigern, die vollständige Haftung zu übernehmen, denn hier kann von Mitschuld die Rede sein, wenn der Fahrer im Winter noch mit Sommerreifen fährt.

Denn auch wenn es nicht ordnungswidrig ist: Wenn ein Autofahrer auf glatter oder nasser Fahrbahn ins Schleudern gerät und die Reifenprofiltiefe nicht ausreichend oder grenzwertig ist, dann geht es um grobe Fahrlässigkeit und der Anspruch aus der Vollkaskoversicherung kann erlöschen.

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